Donnerstag, 3. November 2005

Sir, he is gambling again, Sir!


Wesnoth

Das Fantasy-Strategie-Computerspiel ›Battle for Wesnoth‹ ist mittlerweile kostenlos (Open-Source-Projekt) als Version 1.0 für MacOSX zum Download auf Wesnoth.org erhältlich.

Das ganze erinnert mich ein wenig an ›Lord of the Rings‹, wegen der ganzen Elfen, Orgs, Magier, Helden, etc., macht aber als Strategiespiel viel Spaß und ist seit dieser 1.0 Version zu einem ernst zu nehmendem Fantasyspiel geworden. Ältere Versionen waren für meinen Geschmack grafisch noch nicht so ausgefeilt, aber dennoch schon ganz ansehnlich.

Eine Windows Version ist auf der Seite auch erhältlich.

Montag, 31. Oktober 2005

Abteilung Faule Kompromisse


Heute: Altes Liedergut, neu aufgelegt.

»Der Partei, der Partei, der ist alles recht!
Und, Freunde, es bleibe dabei;
Denn wer kämpft für das Amt,
Dem ist alles recht.«

Die Verfehlungen König Davids


Der vorhergegangene Beitrag ist allerdings eine schon ältere Geschichte, ein Erlebniss von vor mindestens zwei Jahren. Die Crew von damals besteht längst nicht mehr, und es wäre sicher mal interessant heraus zu finden ob zumindest die angeheuerte Firma noch die selbe ist.

Den Titel des Beitrags habe ich vor allem auch deshalb gewählt, da ich gerade den Roman ›Der König David Bericht‹ von Stefan Heym lese. Die Taten und Verfehlungen König Davids, der wohl ein machtgeiles, ehebrechendes, mordendendes, grausames Arschloch gewesen sein muss, werden hier sehr amüsant, und mit vielen kleinen Anspielungen auf die Wiedersprüche der damaligen Zeit zu den Informationen aus dem Altem Testament, vom Autor auseinander gepflückt. Es lohnt sich auch einige Dinge im AT parallel zu lesen, vor allem bei Dingen, welche zumindest ich mit meinen spärlichen Religionsunterricht-Kenntnissen, nicht kennen kann. Auch Sach- und Worterklärungen, die sich oft im Anhang finden sind da sehr hilfreich. (Im Zweifelsfall ist der nächste Pfaffe im Ort zu befragen.)

koenigdavid

Ein weiterer Roman des ehemaligem DDR-Autors Stefan Heym liegt auch schon bereit: ›5 Tage im Juni‹. ›Die ehrliche Auseinandersetzung eines DDR-Bürgers mit den Ereignissen um den 17. Juni 1953.‹

Dienstag, 25. Oktober 2005

David versus Goliath


Um mich herum bewegte sich die Masse. Lichter stießen durch den Raum im Takt des Beats, der vom DJ-Pult gelenkt, aus den Boxen dröhnte. Er war leicht zu erkennen in dieser Masse, wegen seiner Größe, wegen der Tatsache dass er in dieser stickigen Luft, ebenso wie ich, eine Jacke trug. Die aufzuckenden Stroboskop-Blitze spiegelten sich auf seiner Glatze, während er sich langsam in meine Richtung bewegte. Trotzdem tat ich so als würde ich ihn nicht bemerken und wippte zum Beat. Nun war er neben mir angekommen, tippte mich an, beugte sich zu mir und sagte: »Können wir mal unter vier Augen reden, hast Du kurz Zeit?« Ich nickte und folgte ihm in der freien Bahn die er durch die sich bewegenden Körper der Tanzfläche zog. Wir gingen weg vom Trubel, in einen hinteren Teil des Clubs.

»In den Notausgang, dort können wir in Ruhe reden, ich gebe kurz Bescheid.« sagte er zu mir als wir kurz vor den Toiletten angelangt waren. Er winkte den Putzmann der hinten im Eingang der Toiletten saß zu uns heran: »Wir sind es nur, gehen da mal kurz rein.« sagte er zu ihm und deutete auf eine der provisorischen Spanholztüren die neben dem Toilettengang angebracht waren. Der Putzmann schaute nun mich an, und ich machte ein normales ›alles-in-bester-Ordnung-Gesicht‹. »OK!« antwortete er uns und begab sich wieder zurück auf seinen Hocker.

Bomb-Jacket

Wir schoben uns durch eine der Türen in einen kleinen, länglichen Raum, welcher auf der anderen Seite mit weiteren Spanholztüren verschlossen war. Es war stockfinster, und in einen der Ecken vermutete ich den Infrarotsensor, wegen dem der Putzmann sicher Alarm geschlagen hätte, wenn man ihm nicht Bescheid gesagt hätte. Die doppelten Türen sollten als zusätzliche Schallisolierung dienen, denn dahinter befand sich gleich der Hof mit besserer Luft. Er knipste eine schwere Taschenlampe an, erleuchtete damit den staubigen Betonboden und kramte mit der anderen Hand nach etwas in seiner Hosentasche. Er zog eine kleine Faustfeuerwaffe hervor. Sie wirkte wirklich nicht besonders groß als er sie mir im Schein der Taschenlampe auf seiner riesigen Handfläche präsentierte. »Die gehört einem Freund von mir, die hat er mir gegeben. Kannst Du die für mich aufbewahren?«

Nun wurde ich innerlich hellwach, so wie ich es in den Neunzigern gelernt hatte und anschließend immer wieder gewohnt war. Egal in welchem Zustand ich mich befand, ob müde oder betrunken, wenn es darauf an kam konnte ich plötzlich hellwach werden, das hatte sich bei mir im Laufe der Jahre eben verinnerlicht. Von diesen Jahren des Clubs in dem wir uns befanden, kannte er allerdings nicht wirklich viel. Er gehörte zu einer Crew Firma die nur aus politischen Gründen viel später angeheuert worden war. Weil man sich Vorteile erhoffte aus der Tatsache das es die selbe Crew, die selbe Firma war die den Senator bewachte, der wenig später mit ›Hitler-Herpes‹ einen Skandal in der Stadt auszulösen versuchte. Und der sich nach einer gescheiterten Wiederwahl beleidigt von Deutschland abwenden würde.

Ein Teil dieser der Crew fragte sich also wirklich schon wer ich war und was ich eigentlich hier zu suchen hatte. Gerüchte, ich sei so etwas wie ein Wiesel, der von einem anderem Club geschickt, darüber zu wachen und zu berichten hatte was sich bei der Konkurrenz so tat, lagen in der Luft. Und die sich zuständig fühlende Spionageabwehr versuchte nun zuzuschlagen?

Ich reagierte schnell: »Die fasse ich aber nicht an! Mit so etwas habe ich schon mal Ärger gehabt. Wenn sie mich damit erwischen bin ich dran!« log ich. »Kannst Du nicht lieber jemand anderes fragen?« Ich tat in dieser Situation genau das richtige, ersparte mir und, was er scheinbar nicht realisiert hatte, auch ihm eine Menge an Ärger. »Ist kein Problem.« sagte er leise, und schob sie wieder in die Hosentasche seiner Camouflage-Tarnhose. »Tut mir leid!« sagte ich und er klopfte mir auf die Schulter: »Macht nichts!« Wir schoben uns wieder zurück in den Club.

Es war schon erstaunlich wie man Jungs die sich als ›echte Männer‹ verstanden, im Laufe der Zeit so in Aufruhe versetzen konnte, dass sie sich zu solch lächerlichen Maßnahmen hinreißen ließen. Ich suchte mir einen Jüngeren, den ich gut kannte, und bei dem ich wusste das er mit ihnen Geschäfte machte. Ich schilderte ihm was gerade vorgefallen war und spielte ihm Panik vor: »Kannst Du mir sagen was er gegen mich hat?« fragte ich ihn. Er tat etwas unschuldig, vermutlich wusste er wirklich von nichts. Zumindest brachte ich sie so dazu zu glauben sie hätten mir immerhin Angst eingejagt. Vielleicht hatten sie das auch. Mit neuen Mitarbeitern wurde eben nicht viel über früher geredet, zumindest nicht über ehemalige Mitarbeiter und vor allem nicht unbedingt hinter dessen Rücken. Das ich hier nur meine Kumpels besuchte, der Laden schon so etwas wie meine Stammkneipe war, ich nur die miefige Luft genoss, diese Möglichkeit kam für sie, komischer Weise irgend wie nicht in Betracht.

Montag, 24. Oktober 2005

Herbstzeit, Salat- und Kuschelzeit


Der türkische Gemüsehändler hat keine frischen Eier da. »Heute ist Montag, müsste gleich kommen. Kommt immer Montags.« Dafür habe ich aber schon mal die Dose Mais die ich wollte, und auch alles Andere.

Ich entschließe mich später noch einmal wieder zu kommen, auf Eier im leckerem Salat könnte ich eigentlich auch verzichten. Ich lasse mir erst mal seine neuen Preisschilder für die Gemüseauslage, die er aus einem braunem Karton, zwischen Lackstiften und Packpapier herausfischt, zeigen. Vorgefertigte, laminierte, dreieckige Papierfetzen in Gelb und Orange. Dazu Metal-Halter, die aussehen wie Heringe vom Zeltplatz, wo man oben die Schildchen anbringen kann.

Ich frage ihn was er dafür hingeblättert hat und erkläre ihm nach dem er mir den Preis nannte, dass man dafür mindestens drei Laminier-Geräte bekommen hätte. Egal, draußen vor dem Gemüselädchen zeigt er mir die diversen Möglichkeiten die Schildchen anzubringen. Nur beschriftet werden müssen sie noch. »Da schreib ich dann ›Auberginen‹ und dann den Preis drunter.« zeigt er mir. Ich wünsche ihm noch viel Spaß dabei, er lacht und ich gehe Heim.

Herbst2005

Aus dem Wohnzimmerfenster hat man einen kleinen Blick Grün im Hinterhof zwischen all dem Hamburg-Stadt-Grau. Doch langsam wandelt sich dieses Grün in ein Gold-Gelb-Braun, und irgend eine Araneus diadematus wird sicher auch wieder viele Möglichkeiten finden sich einen kuscheligen Platz zu suchen.

Bouncy balls for the kids!




So etwas krasses kann es im Endeffekt ja nur auf Zelluloid geben. In diesem Fall für einen Sony-Werbespot. (Achtung, Kommerz!)
Im flickrblog konnte man
im Juli schon Bilder dazu bestaunen.

Der Link zur offiziellen Webseite: Hier. (Mit Fotos, Filmchen, und allerlei Brimborium.)

Dienstag, 18. Oktober 2005

Kompletter Vektorschaden beim Pizzaversand


Selten schaue ich genau hin, wenn ich die Post aus dem Briefkasten fische und sich zwischendrin Werbeprospekte oder Broschüren befinden. Immerhin, die klassische Art des Spam. Meist landet der ganze Kram ungeöffnet oder zerknüllt im Papierkorb. (Mal abgesehen davon, dass an unserer Haustür ein Schild klebt: Keine Werbung! OK ich gebe zu, es sollte mal wieder erneuert werden.) Ab und zu gibt es aber auch kleine Besonderheiten dazwischen, Gestaltung die einen lockt, manchmal im positivem, manchmal aber auch im negativem Sinne. Heute war mal wieder letzteres der Fall.

Einen Pizza-Lieferservice der besonderen Art soll es wohl darstellen. Was mich lockte war beim ersten Hinschauen das ungewöhnliche Logo, beim zweiten Hinschauen allerdings hätte ich mich vermutlich komplett über die Druckmaschine übergeben, wäre ich an der Produktion dieses Gestaltungs-Opus beteiligt gewesen. – Spätestens beim überprüfen der Passermarken. Man benötigt allerdings nicht wirklich einen Fadenzähler um zu erkennen das hier nicht nur an den Vektoren geschlampt wurde.

Da hat wohl irgend ein Gestaltungs-Praktikant nicht wirklich verstanden, wozu Pierre Étienne Bézier uns eines der wichtigsten Gestaltungs-Werkzeuge unserer Zeit geschaffen hat. Seit 1968 ist man in der Lage, Kurven für die Printausgabe so exakt zu beschreiben, dass sie auch wirklich wie Kurven aussehen. Jedes halbwegs professionelle Vektorprogramm sollte Heutzutage in der Lage sein diese Bézierkurven zu beschreiben, zu bearbeiten und auszugeben. Nützt aber alles nix, wenn augenscheinlich, wie in diesem Fall, absolute Volldeppen Laien am Werk waren. Anders kann ich mir diese krummen Zacken und Ecken an den Info-Balken leider nicht erklären. (Und selbst hier im Internet sehen wir diese Kurven recht häufig, in Form von Flash-Animationen. Mag man sie nun toll finden oder auch nicht, sie basieren auf dem selben Prinzip.)

Vektorprobleme bei Broschur

Generell habe ich auch gar nichts gegen Stock-Images einzuwenden. Sind für kleine Kunden immer auch eine günstige Alternative. Mal abgesehen davon, das es im Food-Bereich aber spätestens dann peinlich wird, wenn der Kunde sein bestelltes Essen erhalten hat, und es so überhaupt nicht aussieht wie im Prospekt abgebildet. Viel schlimmer ist jedoch dass die Schlampereien eingebauten Fehler der Stock-Image-Schaffenden gleich mit übernommen wurden. In Form von – wie könnte es in diesem Fall anders sein – miesen Vektoren. Bei vielen dieser Bilderwelten-Sammlungen werden oft auch vorgefertigte Vektoren mitgeliefert, die sich allerhöchstens für ein Roh-Layout eignen (und ich vermute auch mal ganz stark, dass sie auch nur dafür geschaffen wurden). So blind und schlampig nachlässig kann man doch nun wirklich nicht sein, und das für die eigene Fotocollage, für den Titel einer einfachen Pizzabroschüre, mit zu übernehmen?!

Über die Farbwahl in dieser Broschüre kann man sicher noch streiten, aber es gibt auch Farbkombinationen die weitaus harmonischer ausfallen, ist zumindest meine bescheidene Meinung. Aber wie bitte schön begründet man denn diesen ekelhaften Stern mit »€ sparen« drin, unten auf dem Titel. Höchstens noch wie in meinem Fall: Ich spare Euros, denn, mein lieber Pizzadienst, euer Essen mag ja noch so lecker sein, aber bei euch werde ich leider nichts bestellen, es sei denn ihr verklagt den Gestalter der euch das eingebrockt hat, oder schickt ihn bei mir vorbei, damit ich ihm die Ohren langziehe. Lasst euch diese Broschüre, beim nächstem mal, zumindest halbwegs professionell anfertigen, dann können wir gerne noch mal darüber reden.

Für diesen Augenkrebs, wünschte ich mir manchmal man führe die Zünfte wieder ein und dann lässt man miese Gestalter auf dem Marktplatz in aller Öffentlichkeit auspeitschen, bespucken, oder ähnliches. OK, ich nehme es zurück, Gewalt war noch nie eine Lösung, außer beim zerreißen von schlecht gemachten Werbebroschüren.

Nachtrag I:
Auf der Website des Pizzadienstes befindet sich auch eine Broschüre als PDF. Leider nicht die, die sich in meinem Briefkasten fand, und leider auch so verpixelt, das man die Fehler eh nicht erkennen würde.

Nachtrag II:
Habe mal schnell einen Ausschnitt fotografiert und (weiter oben) hier reingestellt.

Montag, 17. Oktober 2005

Emotionsformel


Sie: »Man hat schon schwere Emotionen zu tragen.«

Er: »Emotionen lassen sich tragen? Wie viel wiegt so eine Emotion?«

Sie: »Negative Emotionen wiegen mehr als Positive.«

Er: »Wiegt die Wut so etwa fünf Kilo?«

Sie: »So in etwa.«

Samstag, 15. Oktober 2005

»Diese Karte gilt erst ab 18:00 Uhr«


Steht in Kreidelettern auf einer riesigen Tafel über dem Tresen. »Na, ja. Draußen ist das Wetter eh viel angenehmer« denke ich, drehe mich um und begebe mich vor das Café um mir an einem der kleinen Holzklapptische einen Stuhl zu suchen. Es ist friedlich auf dem großen Platz. Die Tische sind nur spärlich besetzt. Ein Pärchen hat seinen aus dem Schatten in die Sonne gerückt. Vor meinen Augen wird gerade wieder der Heißluft- Fessel-Ballon an einer Seilwinde nach oben gefahren.

»Ich stehe immer voll auf der Seite unserer Kunden.« hatte er gesagt. »Da mag manch einer sicher sagen, dieses oder jenes ist schöner oder besser, aber das interessiert unsere Kunden nicht. Unsere Kunden wollen immerhin mit ihren Seiten auch Geld verdienen, das ist es was unsere Kunden hauptsächlich interessiert.« Trotz der harschen Worte blieb er freundlich. Ich nickte nur. Und er fuhr fort: »Bis auf unsere Non-Profit Kunden, die haben wir natürlich auch. Weiß nicht ob Sie sich das auf unserer Webseite mal angeschaut haben.« Natürlich, hatte ich.

Ich bestelle den Salat mit Forellenfilet, der Kellner, etwa in meinem Alter, stutzt als hätte er solch eine Bestellung nicht von mir erwartet. »Und eine große Cola.« füge ich hinzu. Das entspricht sicher eher seinen Erwartungen unserer Generation. Er wiederholt meine Bestellung beim notieren und verschwindet flugs nach drinnen. Rechts von mir prangen die Worte »Internationale Kunst« überdimensional in großen Kapital-Lettern an der Halle. Einige Pärchen haben sich, auf einer steinernen Betonmauern darunter, auch ein Fleckchen Sonne gesucht. Der große weiße Ballon schiebt sich gemächlich wieder nach unten und ich lasse vor meinem innerem Auge weiter Revue passieren, was vor etwa einer Stunde geschah.

Die hintere Wand des Raumes war komplett verglast. Hinter der Verglasung zog sich eine riesige stilisierte Weltkarte, mit glänzenden schwarzen Kontinenten entlang. Man konnte glatt meinen dies wäre mal ein Büro einer hanseatischen Reederei gewesen. Einzig irgendwelche Fahnen, Wimpel oder Bilder von Frachtern und Schiffen an den Wänden fehlten. Langsam taute er auf, und wirkte wieder entspannter als noch fünf Minuten vorher. »Viele Kunden kommen zu uns und haben erst ein mal sonst welche Vorstellungen, von dem was realisierbar ist. Denen muss man dann erst mal einiges aus dem Kopf streichen und gleichzeitig aber beratend zur Seite stehen.« Ich bestätige ihn wieder durch ein Nicken. Innerlich notierte ich mit. Solche Widersprüchlichkeiten deuteten mir meist auf einen Choleriker hin. Bisher machte er immer noch einen sympathischen Eindruck.

Ich kehre zurück aus meiner Erinnerung. Das Forellenfilet liegt in einem kleinem Bogen einmal quer über den Salat. Auf der gebackenen Haut glänzen kleine Meersalzkristalle. Es ist noch warm und bildet zusammen mit dem italienischem Dressing des Salats im Mund einen leicht salzigen, angenehmen Geschmack. Schräg gegenüber, am nächstem Tisch, lässt sich eine Familie mit zwei kleinen Töchtern nieder. Die beiden Jungs einer Familie drei Tische weiter, schneiden Grimassen in Richtung der zwei Mädchen. »Langsam ist es ein bisschen voller geworden« denke ich. Aber noch drängeln sich die meisten, in einer kleinen Schlange, in der Ferne, in den Ballon. Dieser war mittlerweile wieder mal unten angekommen, und nachdem er eine Menschenmenge entleert hatte, dazu bereit neue Touris aufzunehmen.

»Nun, wie ich ihnen bereits erzählt habe, hat bei uns, von der technischen Seite her, absolut keiner eine Ahnung. Wir suchen natürlich nicht das absolute Multitalent, aber jemanden der bereit ist unsere Programmierung und Gestaltung der Seiten zu übernehmen. Haben Sie sich unsere Webseite mal genauer angeschaut, ist ihnen da etwas aufgefallen?«
»Ja.« entgegnete ich. »Ich bin zwar nicht unbedingt ein Freund von Frames, habe da eher schon eine modernere Haltung, aber …«
»Nein, in technischer Hinsicht« unterbrach er mich.
»Den Quellcode habe ich mir natürlich auch angeschaut,« fuhr ich fort »und es hat mich ein wenig gewundert, dass keine Meta-Tags vorhanden sind. Aber im Prinzip sind die heut zu Tage auch nicht mehr das entscheidendste …«
»Doch, doch« unterbrach er mich wieder »das Ranking, das ist auch so eine Sache die für uns sehr wichtig ist. Da haben wir in der Vergangenheit auch sehr viel Pech gehabt bei einem der uns die Seite mal gebaut hat.«
»Ja, ich habe mir das mit einem Suchdienst auch gleich mal angesehen« sprach ich weiter. »Wenn man den vollen Namen der Agentur eingibt dann bekommt man die Seite gleich als erstes.«
»Ja, genau.« bestätigte er mich.
»Aber wenn man nach Textpassagen sucht, findet man leider nichts.«
Er nickte, »Ja, unsere Webseite ist jetzt auch schon gut sechs Jahre alt, die wollen wir demnächst dann auch mal erneuern, das steht sozusagen dann auch noch an.« Eigentlich wollte ich ursprünglich mal etwas zu den sinnfreien Frames sagen, beließ es aber dabei.

Ich bestelle abschließend und ausnahmsweise einen Espresso. Heute ist so schönes Herbstwetter, da gönne ich mir mal eine Ausnahme. Mr. ›King-Ding-A-Ling‹ hat sich per SMS abgemeldet, er ist noch etwas ›busy‹. Ich solle mich erst mal allein durchschlagen, er käme dann später zu mir und entschuldigt sich. Ich tippe etwas unverständliches, etwas was wie ein Gegrummel wirken soll, als Antwort in mein alterndes Handy. Er wollte mich eigentlich abholen und war der Grund für den Abstecher vor das Café. Egal, ich genieße weiter das schöne Wetter. Der Kellner huscht noch ein mal an meinen Tisch und fragt ob ich nicht gerade einen Espresso bestellt hätte. Ich bejahe, und er sagt: »OK. Sorry. Bringe ich sofort.« Ich lächle und entgegne: »Macht nichts.« Der Tag ist einfach zu angenehm.

»Was würden Sie denn für einen Vollzeit-Job verlangen?« fragte er. Langsam kamen wir in die heißere Phase. Ich nannte meinen Betrag. »Und was würden sie für einen Teilzeit-Job haben wollen?« fragte er weiter. Wieder nannte ich ihm einen Betrag und fügte hinzu dass dies das mindeste sei. »Nun ja, ich muss dass ja irgendwie prozentual runter rechnen, damit ich eine Vorstellung bekomme.« entschuldigte er sich. »Wir dachten für den Anfang so an fünfzehn bis zwanzig Stunden die Woche.«
»Das ist natürlich sehr wenig.« sagte ich.
Nun nannte er mir einen Betrag zu den zwanzig Stunden. »An so viel dachten wir ungefähr, das kommt natürlich, wenn man das umrechnet in etwa mit ihrem Betrag hin.«
»Ist hart an der Schmerzgrenze.« sagte ich. »Zum leben zu wenig, zum sterben zu viel.« rutschte es mir über die Lippen. Er gab mir recht und entschuldigte sich: »Ja, stimmt natürlich, aber das ist auch nur für die ersten drei Monate so gedacht. Danach ist auch mehr Arbeitszeit drin, dann kann man das steigern. Wir müssen uns da ja auch erst ein mal einarbeiten.« Er brachte noch so einiges an Begründungen hervor: »Die Bank…, die Kunden…, wir können ja nicht von heute auf morgen einhundert Prozent…, wir sind ja leider keine Behörde die von Steuergeldern lebt…, etc.« Ich hörte schon gar nicht mehr hin. Dachte an eine gemütliche Cabriofahrt mit Mr. King-Ding-A-Ling, nachher. Inklusive hübschen Mädels hinterherschauen.

Der Ballon ist jetzt ganz weit oben, die Menschen kaum zu erkennen. Einige winken von unten und von oben. Der Kellner stellt die kleine Tasse vor mich hin. »Der Espresso geht auf mich.« sagt er. Ich bedanke mich höflich und schüttle das Papiertütchen mit Zucker hin und her um es anschließend oben aufzureissen. Gegenüber erkenne ich an dem futuristischem Glasneubau das mindestens genau so futuristisch wirkende Logo eines öffentlich-rechtlichem Fernsehsenders. »Aha!« denke ich, »Für die haben sie den Klotz da also hochgezogen.« Ich schlürfe den Espresso in ein paar kleinen Zügen herunter, dann nippe ich noch ein mal an der Cola. »In Italien würde man mich dafür jetzt sicher ziemlich schräg anschauen.« schießt es mir durch den Kopf, »Das geht gar nicht, höchstens Wasser wäre erlaubt.« Hier scheint sich allerdings niemand daran zu stören. Ich stehe auf und begebe mich zum zahlen nach drinnen.

»Was halten sie davon mal für eine Woche zur Probe vorbeizukommen?« fragte er. Ich sagte nichts. »Natürlich gegen Bezahlung,« entgegnete er, »um sich kennen zu lernen und zu sehen ob man überhaupt miteinander auskommt.« Ich nickte. »So gegen Ende nächster Woche können Sie sich noch mal melden.« sagte er mir. Wir verabschiedeten uns und er wünschte mir ein schönes Wochenende.

Wieder draußen, vor dem Café, blicke ich über den Platz. »Warum bekommt man immer erst mal nur die scheiß Jobs angeboten, die man eben genau nicht will?« frage ich mich. Auf einmal weiß ich wieder warum ich mich während der Ausbildung mehr auf den Bereich Print konzentriert hatte. Ich gehe los und bewege mich in Richtung Bahnhof.

Spinnfaden

 


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